ROI of Learning: Finanzielle Effekte von Weiterbildungen messen

Manfred Rump

Wie hoch ist der wirtschaftliche Nutzen von Weiterbildungsmaßnahmen in Unternehmen? Für Personalverantwortliche ist eine konkrete Berechnung der Kosteneffekte wünschenswert, um Investitionsentscheidungen zu treffen und zu begründen. Aber: Die Berechnung eines ROI des Lernens ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Wir zeigen Möglichkeiten und Grenzen der ROI-Berechnung auf.

ROI of Learning – Was ist das?

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Der wirtschaftliche Return on Learning (ROL) lässt sich mit folgender Formel berechnen und gleicht damit der herkömmlichen Kosten-Nutzen-Rechnung für den Return on Invest (ROI):

ROI of Learning (%) = (Nutzen des Lernprogramms (in Euro) - Kosten des Lernprogramms) / Kosten des Lernprogramms x 100

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Die Berechnung stützt sich also im Wesentlich auf zwei Kennzahlen:

1. Der Nutzen des Lernprogramms bezieht sich auf den monetären Mehrwert, den das Unternehmen aus der Investition erhält, z.B. in den Bereichen:

  • Ressourceneinsparungen (z.B. Onboarding-Aufwand etc.)
  • Produktivitätsgewinne (z.B. Arbeitsstunden, Umsatz etc.)
  • Verringerter Recruitingaufwand (z.B. Fluktuationsrate, Recruiting-Kosten etc.)

Willst du beispielsweise den Return on Learning bezüglich der Produktivitätszuwächse, verkürzten Onboardingzeiten oder gesunkenen Fluktuationsraten ermitteln, müssen diese Metriken zunächst in Geldwerte übersetzt werden, um sie in die Formel einsetzen zu können.

Für eine möglichst präzise ROI-Berechnung müssen sämtliche monetär messbaren Faktoren gemeinsam in die Rechnung einbezogen werden.

2. Die Kosten des Lernprogramms ergeben sich im Wesentlichen aus der Summe folgender drei Posten:

  • Entwicklungs- bzw. Anschaffungskosten (Wie teuer war das Lernprogramm in der Entwicklung bzw. in der Anschaffung der Software?)
  • Implementierungskosten (Wie viel Arbeitsaufwand hat die Implementierung verursacht? Wie teuer waren ggf. Trainer:innen oder Ausbilder:innen? Wie hoch waren ggf. Reise- und Logistikkosten?)
  • Mitarbeitendenkosten (Wie viele Mitarbeitenden haben wie viele Arbeitsstunden auf das Lernprogramm verwendet?)

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Der Netto-Nutzen des Lernprogramms ergibt sich durch die Subtraktion des Nutzens und der Schulungskosten. Das Ergebnis wird dann mit den Schulungskosten dividiert. Multiplizierst du diesen Wert im Anschluss mit 100, erhältst du den ROI of Learning in Prozent.

Das Ergebnis kann wie folgt ausfallen:

  • ROI < 100 %: Die Investition ist für das Unternehmen bezogen auf die berücksichtigen Nutzen nicht lohnenswert und verursacht Mehrkosten.
  • ROI = 100 %: Die Investition ist für das Unternehmen bezogen auf die berücksichtigten Nutzen indifferent.
  • ROI > 100 %: Die Investition ist für das Unternehmen bezogen auf die berücksichtigten Nutzen lohnenswert und bringt der Organisation finanzielle Vorteile.

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ROI-Berechnung am Beispiel Accenture

Ab 2001 hat die US-Beratungsfirma Accenture das Campus-lastige Präsenztraining durch kostengünstig skalierbare sowie orts- und zeitunabhängige Lernformate, wie Online-Trainings, Multimedia-Content und Webinare, teilweise ersetzt.

Der damalige Chief Learning Officer, Daniel Vanthournout, nahm die wirtschaftlich schweren Zeiten der 00er Jahre zum Anlass, den Return on Invest des internen Lernangebots zu berechnen.

Zusammen mit der Finanzabteilung, externen Umfrageinstituten und dem Rat von Professoren der University of Chicago hat er den ROI des Lernangebots wie folgt ermittelt:

1. Untersuchte Nutzen: Produktivität und Zugehörigkeitsdauer

Vanthournout’s Team hat sich zur Berechnung auf zwei Kennzahlen für den Nutzen fokussiert, Produktivität und Zugehörigkeitsdauer: Die Produktivität ließ sich schlüssig auf Mitarbeitendenebene herunterbrechen: Die große Mehrheit der Mitarbeitenden rechnete ihre Arbeit als Honorar-Dienstleistung gegenüber den Kunden ab. Dazu wurde die Anzahl der auf den Kunden verbrachten Stunden am Ende des Monats mit dem Stundensatz multipliziert. Die Umsatzrendite (oder Marge) pro Mitarbeitendem ergab sich aus den monatlich berechneten Honoraren abzüglich des monatlichen Gehalts der Beratenden. Die Zugehörigkeitsdauer wurde auf Mitarbeitendenebene erfasst.

2. Datengrundlage: Nutzungs- & Personaldaten

Vanthournout’s Team hat die Nutzungsdaten der Lernangebote von über 261.000 Accenture Mitarbeiter:innen ausgewertet und diese Daten in ein Verhältnis zu den beiden Kennzahlen Produktivität und Zugehörigkeitsdauer gesetzt, welche in den Personaldaten hinterlegt waren.

3. Messung: A/B-Test durch Kontrollgruppe

Um den Effekt der Lernangebote zu ermitteln, hat Vanthournout die Belegschaft abhängig von der Nutzungsdauer der Lernangebote in zwei gleich große Gruppen unterteilt: die Vielnutzer:innen (Nutzungsdauer obere 50 %) und die Wenignutzer:innen (untere 50 %).

Die Vielnutzer:innen:

  • konnten im Schnitt 17 % mehr Zeit auf den Kunden abrechnen, das entsprach einem zusätzlichen Mehrwert von 8.400 US-Dollar pro Mitarbeitendem,
  • hatten im Schnitt 20 % höhere Honorarsätze, was in Mehreinnahmen von 9.900 US-Dollar pro Jahr und Mitarbeitendem resultierte,
  • blieben im Schnitt 14 % länger angestellt, was einen jährlichen Mehrwert von 7.000 US-Dollar darstellte.

Aufsummiert entsprach dies einem finanziellen Netto-Nutzen (Nutzen minus Kosten des Lernprogramms) von 25.324 US-Dollar pro Mitarbeitendem pro Jahr in der Gruppe der Viellernenden.

4. Berechnung des ROI of Learning

ROI of Learning (%) = (Nutzen des Lernprogramms (in Euro) - Kosten des Lernprogramms) / Kosten des Lernprogramms x 100

Diesen Netto-Nutzen multiplizierte er mit der damaligen Anzahl aller Mitarbeitenden (etwa 50.000) und kam so auf den Gesamtwert von 1,266 Milliarden US-Dollar als Netto-Nutzen des Lernprogramms hinsichtlich der Produktivität und der Zugehörigkeitsdauer. Dividiert durch die Gesamtkosten aller Trainingsaufwendungen desselben Jahres (0,358 Mrd.), entsprach dies einem Return on Learning von etwa 353 Prozent:

353 % ≈ 1,266 / 0,358 x 100

Am Accenture-Beispiel sehen wir: Die detaillierte Berechnung solcher Zahlen bedarf einer umfassenden Datenbasis sowie Aufwand und Sorgfalt in der Aufbereitung der Daten. Wir zeigen im Folgenden Wege auf, wie sich Unternehmen dem ROI of Learning systematisch nähern können – und welche Fallstricke und Grenzen es dabei gibt.

Limitierungen und Kritik an der ROI-Formel

Der ROI of Learning kann, wie im Beispiel von Accenture zu sehen, dabei helfen, finanzielle Vorteile durch eine Weiterbildung nachvollziehbar zu machen. Doch auch die ROI-Berechnung durch Accenture muss kritisch betrachtet werden.

Denn die Aussagekraft ist stark abhängig von der Datengrundlage bezüglich der Kosten und Nutzen sowie den Möglichkeiten, diese Daten auch für die ROI-Berechnung vollständig isolieren zu können. Im Kern sehen sich Unternehmen bei der ROI-Berechnung diesen drei Herausforderungen gegenüber:

1. Unternehmen müssen über eine umfassende Datenbasis verfügen

„Das Thema Personalentwicklung und Weiterbildung verfolgen wir als junges Unternehmen erst seit zwei Jahren strukturiert. Wir haben daher bislang nur wenige Daten aus der Vergangenheit und keinen optimalen Zugriff auf unsere internen Kostenstrukturen. Die Ausgaben für Fortbildungen lassen sich innerhalb der Reisekosten beispielsweise nicht vollständig isolieren.”
L&D-Managerin eines Handelsunternehmens

Eine Grundvoraussetzung zur Nutzenberechnung ist eine Datenbasis, die die notwendigen Kennzahlen zur Messung des wirtschaftlichen Erfolgs von Weiterbildungsmaßnahmen abdeckt. Außerdem müssen bei einer ROI-Berechnung möglichst alle relevanten Daten vor und nach bzw. ohne und durch die Einführung des Lernprogramms einfließen.

Wenn eine ROI-Berechnung beispielsweise lediglich auf der Kostenersparnis des Lernprogramms basiert, kann der ROI unter Umständen negativ ausfallen, trotz etwaiger Produktivitätsgewinne und Organisationsersparnisse, die beispielsweise mangels Daten nicht berücksichtigt wurden – ganz zu schweigen von nicht monetär erfassten Faktoren. Die Aussagekraft muss vor diesem Hintergrund also immer kritisch hinterfragt werden.

2. Kosten und Nutzen der Weiterbildung nur begrenzt erfass- und isolierbar

Um den Effekt von Lernangeboten zu isolieren, können Unternehmen entsprechende Kennzahlen vor und nach der Einführung der Angebote messen. In der Praxis ist dies oft schwierig: Die meisten Unternehmen haben bereits zahlreiche Lernangebote installiert. Und diese internen Lernkonzepte befinden sich in der Regel in einem konstanten Wandel. Ein klar abgegrenztes „Vorher” gibt es oft nicht.

Eine weitere Möglichkeit besteht in diesem Fall darin,eine Kontrollgruppe zu definieren, die keinen Zugang zu den Lernangeboten hat. Verständlicherweise wollen die meisten Unternehmen keiner größeren Gruppe von Mitarbeitenden den Zugang zu Lernangeboten für längere Zeit verweigern. Accenture hat mit seinem Studiendesign keine der beiden gängigen Methoden genutzt, sondern zwischen Viel- und Weniglernenden unterschieden.

Diese Unterscheidung bringt allerdings weitere Herausforderungen mit sich:

  • Zufällige Korrelation: Möglicherweise resultiert die höhere Wertschöpfung nicht aus der Nutzung der Lernangebote, sondern hängt damit zusammen, dass es sich lediglich um motivierte Mitarbeitende handelt, die in der Regel auch das interne Lernangebot intensiver nutzen.
  • Unberücksichtigte Angebotsqualität: Die Ausweisung eines durchschnittlichen Return-on-Invest impliziert, dass weitere Investitionen einen ähnlichen „Return” erwirtschaften. Allerdings: Weniglernende werden nicht plötzlich zu Lernchampions, weil ihnen noch mehr Lernangebote zur Verfügung stehen. Vielmehr sollten Unternehmen immer auch die Gründe für mangelnde Lernbereitschaft qualitativ erfassen, um die Angebotsqualität verbessern zu können.
  • Weitere Externalitäten: Eine (zeitliche) Veränderung von Kennzahlen zur Produktivität oder Mitarbeitendenbindung sind von einer Vielzahl komplexer, externer Faktoren abhängig, wie Konjunktur oder Entwicklung der Unternehmens- und Führungskultur. Diese lassen sich nur schwer von den Effekten des Lernangebots isolieren.

3. Keine nicht monetären Lerneffekte messbar

Weiterbildungsmaßnahmen können viele positive Kosteneffekte nach sich ziehen. Allerdings lassen sich mit der ROI-Formel nur unmittelbar geldwerte Effekte ausdrücken. Weitere Lerneffekte, beispielsweise hinsichtlich eines gesteigerten Kompetenzerwerbs, einer verbesserten Kommunikationskultur oder Wettbewerbsfähigkeit können kaum bis gar nicht monetär erfasst werden.

Fazit: Die ROI-Formel hilft, wenn...

Das bedeutet, Berechnungen des ROL nach der ROI-Formel sind nur dann sinnvoll, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  1. Daten bzgl. Nutzen und Kosten der Schulung können vor und nach der Einführung eines Lernangebots erhoben werden – oder mit einem Referenzzeitraum verglichen werden.
  2. Weitere Einflussfaktoren lassen sich herausrechnen.
  3. Die ROI-Berechnung dient lediglich einer Einschätzung des Einflusses monetär messbarer Faktoren.

Link zum Handbuch „Return on Learning“

Manfred Rump

Manfred Rump ist Senior Content Marketing Manager bei Masterplan. Im Blog teilt er Insights aus seinen Gesprächen mit Lernexpert:innen und beleuchtet aktuelle Lerntrends in Unternehmen.
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Handbook: Return on Learning

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